Frauenleserin Rezension

“Eine moderne Familie” von Helga Flatland

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Es ist mein ewiges Problem: Wie soll ich über einen Roman schreiben, der mich restlos begeistern konnte? Mit „Lies unbedingt dieses Buch!“ ist eigentlich schon alles und trotzdem noch nicht genug gesagt. Ich bin gut darin, das berühmte Haar in der Suppe zu finden. Im Fall von „Eine moderne Familie“ von Helga Flatland konnte ich aber keines finden, und das macht es mir jetzt ziemlich schwer.

In ihrem mittlerweile fünften Buch erzählt Helga Flatland davon, wie schnell ein geordnetes Familienleben aus den Fugen geraten kann und dass die Dinge selten wirklich so sind, wie sie von außen wahrgenommen werden. In „Eine moderne Familie“ ist es die Scheidung der Eltern, die den Stein ins Rollen bringt. Ausgerechnet am 70. Geburtstag des Vaters geben die Eltern ihre Trennung bekannt. Und obwohl sie natürlich längst erwachsen sind und mit eigenen Partner*innen zusammenleben, bricht für ihre drei Kinder dadurch das Fundament ihres eigenen Lebens weg.

Wie es Liv, Ellen und Hakon gelingt, die Familienverhältnisse wieder neu zu sortieren, wird in wechselnden Perspektiven geschildert. Hierdurch gewinnt die Leserin einen facettenreichen Einblick, in die Gedanken- und Gefühlswelt aller drei Geschwister. Dabei beweist Helga Flatland besonderes Feingefühl für unerkannte Missverständnisse, Fehlinterpretationen und unausgesprochene Vorwürfe. Es gibt mehr als einen Überraschungsmoment, der Verhaltensweisen und Situationen durch eine veränderte Perspektive plötzlich in ein vollkommen neues Licht rücken. Je weiter ich las und je tiefer mein Verständnis für die einzelnen Charaktere wurde, umso mehr habe ich mich gefragt, ob die nach außen gelebte Idylle aus gemeinsam verbrachten Feiertagen, Sonntagsbesuchen bei den Eltern und Familienurlauben überhaupt jemals wirklich existierte. In „Eine moderne Familie“ tun sich keine großen Abgründe auf und es gibt auch keine wohlgehüteten dunklen Familiengeheimnisse zu entdecken. Die Nähe der Geschwister untereinander wird nie ernsthaft in Frage gestellt. Ganz im Gegenteil sind es genau diese haarfeinen Risse und leisen Dissonanzen innerhalb der Geschwister- und Paarbeziehungen, aus denen die familiäre Harmonie entsteht. Dieses Paradox, das wohl jedes Geschwisterkind kennt, ohne es erklären zu können, arbeitet Helga Flatland so einfühlsam heraus, dass es wie die normalste und selbstverständlichste Sache der Welt erscheint. (Was es für mich als „große“ Schwester auch ist.)

Dabei – und jetzt ist mir tatsächlich doch noch ein (wenn auch fast unsichtbares) Haar in der Suppe eingefallen – war mir die Symbolik mancher Szenen und Beschreibungen an manchen Stellen etwas zu plakativ. So wird beispielsweise ziemlich zu Beginn des Buchs die Sitzordnung der Familie beschrieben, die – auch so ein ungeklärtes allgemeines Phänomen – seit jeher gleich ist und auch an „fremden“ Tischen automatisch bestehen bleibt. Und natürlich entsprechen die Tischseiten den Allianzen innerhalb der Familie, die nur wenig später durch die Aufregung um die Scheidung der Eltern zunehmend deutlich zu Tage treten. Ganz wie im Lehrbuch.

Trotzdem kann ich „Eine moderne Familie“ uneingeschränkt empfehlen.

♥♥♥♥ Buchtipp

 

Eine moderne Familie• Helga Flatland (Elke Ranzinger) • Weidle Verlag (Print) / Cultur Books (eBook) • fadengeheftete Broschüre / eBook • 308 Seiten • ISBN: 978-3-938803-93-6(Print) / 978-3-95988-144-9(eBook)• 25,-€ (print) / 17,99 € (eBook) • Leseprobe:>>klick<<

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