Frauenbloggerin Meinung

#keinAnhängsel – (k)ein eigener Titel für die Partner*innen der Bundespräsident*innen

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Anlässlich der Wahl des 70. Jahrestags der Wahl des ersten Bundespräsidenten forderte der Deutsche Frauenrat gestern, einen „zeitgemäßen Titel für die (Ehe-) Frau des Bundespräsidenten“ einzuführen. In den Sozialen Medien rief er dazu auf, unter dem Hashtag #keinAnhängsel Vorschläge zu machen, wie ein solcher Titel lauten könnte. Dass die Ehefrau des Bundespräsidenten bei öffentlichen Auftritten schlicht als solche bezeichnet wird, sei überholt und werde der wichtigen gesellschaftlichen Rolle, die diese Frauen ausüben, nicht gerecht, heißt es in dem Aufruf. Es bedürfe daher eines eigenen Titels, der sie als unabhängige Person darstelle.

Als mir der Hashtag #keinAnhängsel zum ersten Mal über den Weg lief, habe ich mich sehr gefreut. Schon seit meiner Heirat vor zwei Jahren ärgere ich mich darüber, dass ich seitdem in behördlichen Formularen nur noch „Ehepartnerin von“ bin. Beispielsweise ärgere ich mich jedes Jahr aufs Neue, dass ich als Hauptverdienerin in der Steuererklärung beispielsweise nur als „Ehepartnerin einer steuerpflichtigen Person“ rangiere. Dass ich als Ehefrau selbst auch steuerpflichtig, also erwerbstätig sein könnte, ist nicht vorgesehen. Dass Ehe-/ Lebenspartner*innen (oder wie auch immer man eine Beziehung, in der man gegenseitig Verantwortung für einander übernimmt, nun nennt), unabhängig von allen weiteren Randbedingungen als eigenständige Personen wahrgenommen werden sollten, unterschreibe ich also vorbehaltlos. Es geht gar nicht, dass der Partnerin des Bundespräsidenten (nur diese Konstellation gab es bisher in 70 Jahren deutscher Geschichte) nicht einmal ein eigener Name zugestanden wird und sie bei öffentlichen Auftritten schlicht „Frau des Bundespräsidenten“ ist.

Und ich zustimme auch zu, dass die Geschichtsschreibung endlich um die weibliche Perspektive ergänzt werden muss. In diesem Sinne weist der Deutsche Frauenrat vollkommen zu Recht darauf hin, dass die (Ehe-) Frauen der Bundespräsidenten bisher (fast) immer wichtige gesellschaftliche Rollen besaßen. Elly Heuss-Knapp (auf den Hinweis auf ihren Ehemann verzichte ich an dieser Stelle bewusst) gründete beispielsweise das Müttergenesungswerk. Und auch die nachfolgenden Frauen setzten sich aktiv für soziale Themen und benachteiligte Gesellschaftsgruppen ein und blieben eben doch bis heute nur „Ehefrau von“. Die Arbeit und der Einfluss all dieser Frauen gehört – genau wie der aller anderen, die die Gesellschaft und Geschichte aktiv mitgestalteten – angemessen gewürdigt.

Dazu muss aber eben auch ein Bezug zu einer bestimmten Leistung, einem Erfolg o.ä. bestehen. Was der Deutsche Frauenrat im Rahmen seiner Aktion #keinAnhängsel fordert, ist aber ein Titel, den die eine Person allein dadurch erhält, dass die*der andere zur*zum Bundespräsident*in gewählt wurde. Es ist also nur eine Umettikettierung der bestehenden Verhältnisse. Auf die eigene Leistung kommt es überhaupt nicht an, so dass es auch nicht die Eigenständigkeit der Person, der der Titel verliehen wird, unterstreicht. Ganz im Gegenteil impliziert es die Forderung, dass sich die*der mit dem noch zu kreierenden Titel bedachte nunmehr auch bitte gefälligst ganz im Sinne ihrer*seiner Vorgänger*innen ebenfalls in diese „wichtige gesellschaftliche Rolle“ zu fügen und mindestens genauso sozial engagiert zu agieren hat. Die- bzw. derjenige kommt ohnehin schon ungefragt zu einer bestimmten Rolle, für die ihr bzw. ihm nun auch noch ein Titel aufgebürdet werden soll, der die bisher nur unterschwelligen Zwänge und stillschweigenden Erwartungen unterstreicht und in feste, „sichtbare“ Formen gießt. Ein Titel schafft noch mehr Selbstverständlichkeit tradierter Rollenverständnisse, wo er diese doch eigentlich aufbrechen will. Denn wieso sollte ich jemanden dafür würdigen, dass sie ihren bzw. er seinen Pflichten nachkommt?

Das Vorbild für die Forderung des Deutschen Frauenrats scheint klar: die US-amerikanische „First Lady“. Hierbei handelt es sich aber um eine Bezeichnung für die Gastgeberin im Weißen Haus. Es ist also ein Titel, der nur Repräsentationszwecken dient. Mit Eigenständigkeit hat das gar nichts zu tun. Das Konzept ist hier das gleich wie beim britische Königshaus. Und wird das nicht immer wieder stark für die bestehenden Zwänge seiner Repräsentanten kritisiert?

Im Übrigen finde ich es mehr als interessant, dass die (Ehe-)Frauen von Politikern viel stärker von der Öffentlichkeit beobachtet werden als die (Ehe-)Männer von Politikerinnen. Wann hört man schon mal von Joachim Sauer? (Wer ist denn das? – Siehste, sag ich doch. So heißt der Ehemann von Angela Merkel.) Aber Doris Schröder-Kopf, Bettina Wulff und Hannelore Kohl, die am Amt ihres Ehemanns beinahe zu Grunde ging, kennt noch heute jeder. Bei großen internationalen politischen Treffen gibt es in der Regel sogar ein eigenes Programm für die Ehegattinnen (ja, ausdrücklich für „EhegattINNEN“) der Politiker. Während der Mann die Welt verändert, macht die Frau Sightseeing, geht shoppen und besucht medienwirksam Sozialeinrichtungen. Auch im Jahr 2019.

Genau hier muss man ansetzen, wenn man Gatt*innen von Politiker*innen dazu verhelfen will, als eigenständige Personen wahrgenommen zu werden. Man darf ihnen keine festen Rollen zuschreiben; aus der Wahl der*des Partner*in keine Erwartungen an die andere Person ableiten; und ihnen erst recht keinen Titel verleihen, der sich aus dem Amt der*des Partner*in ableitet. Wer die Prominenz der*des Partner*in dazu nutzen möchte, um sich für etwas stark zu machen, das ihr bzw. ihm am Herzen liegt, soll das gerne tun. Wer seine*n Partner*in unterstützen und repräsentative Aufgaben übernehmen möchte, soll auch das gerne tun. Es sollte aber weder ein Automatismus noch eine Selbstverständlichkeit sein. Und auch wenn die*der Partner*in nicht in der Öffentlichkeit stehen möchte, ist das zu respektieren. Bei Herrn Sauer klappt das ja schon. Vielleicht wird Frauen irgendwann einmal die gleiche Gnade zu teil.

Bis es aber soweit ist, schlage ich vor, dass man Frau Büdenbender „Frau Büdenbender“ nennt. Damit wäre schon einmal ein großer Schritt in die richtige Richtung getan. Und was Elly Heuss-Knapp betrifft, die hier als Vertreterin für so viele andere großartige und engagierte Frauen steht, hilft nur reden, reden, reden, um die weibliche Seite der Geschichte sichtbar zu machen.

(Das Beitragsbild zu diesem Artikel stammt vom Deutschen Frauenrat; https://www.frauenrat.de/ehefrauen-der-bundespraesidenten-sind-keinanhaengsel/)

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