Mit ihrem Debütroman “Baise-moi” löste Virginie Despentes in Frankreich einen Skandal aus. Die Direktheit, mit der ausgerechnet eine Frau über Sexualität und Gewalt schreibt, wirkte auf viele abstoßend und verstörend. Und ich muss gestehen, dass auch mich an einigen Stellen leichter Ekel überkam. Gleichzeitig begeisterte mich die Thematik jedoch sehr.
An einem Bahnhof in einem Pariser Vorort lernen sich die Prostituierte Nadine und die ehemalige Pornodarstellerin Manu kennen. Beide haben – eher zufällig und im Affekt – jemanden umgebracht und sind nun auf der Flucht. Gemeinsam schlagen sie sich durch die Provinz, reißen wahllos Typen auf und nehmen jede auch noch so kleine Meinungsverschiedenheit zum Anlass für eine Schießerei.
“Was wir hier veranstalten, sind Blutbäder fürs Allgemeinwohl” (Seite 131)
“Baise-moi” ist die Geschichte zweier Frauen vom Rand der Gesellschaft, die aus der Rolle des passiven Opfer heraustreten. Es ist eine Art Akt des zivilen Ungehorsams, mit dem sie sich zu Richterinnen über ein patriarchales System, das ihnen diese Rolle zuwies.
“Was die Regeln angeht, ändert das im Grunde nichts, wer zuerst kommt, macht den anderen platt. Nur dass wir uns diesmal auf der richtigen Seiten der Knarre befinden. Und das ändert einiges.”
(Seite 157)
Sie über das auch bisher geltenden Recht des Stärkeren mit einer Radikalität aus, die weit über das hinausgeht, was ihnen selbst in der Vergangenheit angetan wurde. Dank dieser doppelten Grenzüberschreitung stehen sie außerhalb des Systems, ohne sich tatsächlich von diesem zu befreien. Der einzige Ausweg aus dieser paradoxen Situation liegt schließlich in der Selbstzerstörung.
Sie tut, was man nicht tun darf, und hat auch Spaß dabei.
(Seite 127)
“Baise-moi” liest sich, als hätten es Quentin Tarantino und Charlotte Roche gemeinsam geschrieben. Dass ausgerechnet eine Frau in einer sehr direkten und radikalen Art von weiblicher Wut, körperlicher Gewalt von Frauen und Sex erzählt, bricht gesellschaftliche Tabus. Virginie Despentes gelingt damit ein wichtiger Beitrag zur feministischen Literatur.
[…] Baisse-moi, Virginie Despentes – absolutes Lieblingsbuch einer Lieblingsautorin: provokant, radikal, brutal … und so, so wahr […]