Frauenleserin Rezension

“Reckless – Steinernes Fleisch” von Cornelia Funke

Kommentare 1

Nein, es ist mir nicht gelungen, richtig in der Spiegelwelt abzutauchen. Dies lässt Cornelia Funke leider nicht zu.

Dabei hat die Geschichte eigentlich Potential. Dies ist immer dort zu erkennen wo sich Cornelia Funke tatsächlich Zeit nimmt, etwas genauer zu beschreiben. Dann aber hatte ich wieder das Gefühl, ganzer Abenteuer beraubt zu werden, weil Dinge in wenigen Sätzen erzählt werden, die ich gerne ausführliche nachgelesen hätte.

Auch die Charaktere boten für mich wenig Identifikationspotenzial und blieben ausnahmslos unscharf und blass. Einige genaue Vorstellung konnte ich von keinem von ihnen entwickeln.

Warum Cornelia Funke einen so unglücklichen Aufbau wählte, ist mir vollkommen schleierhaft. Geschickte Erzählkunst sieht anders aus.

Bewertung: knappe ♥♥♥♥♥

Worum geht es?

Als Junge entdeckte Jacob die Welt hinter den Spiegeln, in der auch sein Vater verschwand. Sagenhafte Wesen aus den Märchen sind hier zu Hause. Aber es lauern auch viele Gefahren. Daher hielt Jacob die Spiegelwelt lange Zeit vor seinem jüngeren Bruder Will geheim. Doch eines Tages folgt ihm dieser heimlich wird von einem Goyl, einem Wesen aus Stein, ausgegriffen. Die Wund lässt auch Willst Fleisch langsam versteinern – und mit ihm auch sein Wesen.
Verzweifelt macht sich Jacob mit Wills großer Liebe Clara und der Gestaltwandlerin Fuchs auf die Suche nach einem Gegenzauber.

Warum habe ich es gelesen?

In den letzten Wochen waren die Buchmedien wieder einmal voll mit der “Reckless”-Serie, denn gerade ist der dritte und letzte Teil erschienen. Ich habe das eBook schon etwas länger auf meinem Reader und eine gefühlte halbe Ewigkeit auf der Wunschliste. Bislang habe ich noch kein Buch von Cornelia Funke gelesen. Ich kenne aber die Verfilmung der “Tintenwelt”-Trilogie, die mir super gefallen hat. Ich tauche gerne ab in fantastische Welten und die “Tintenwelt”-Abenteuer erinnerten mich an die Lieblingsautoren meiner Kindheit; allen voran Michael Ende.

Wie war mein erster Eindruck?

Den Prolog fand ich richtig klasse, denn man ist sehr schnell mittendrin in der Spiegelwelt, die mit sehr viel Fantasie geschildert wird. Danach aber setzte bei mir sehr schnell Ernüchterung ein. Das Buch springt zeitlich sehr stark nach vorne. Auf die Episode, in der Jacob zum ersten Mal de Welt hinter den Spiegel betritt folgt direkt die Szene, in der Will nicht nur bereits ebenfalls in der Spiegelwelt ist, sondern auch bereits verwundet und am Beginn seiner Verwandlung steht.

Kurz dachte ich, ich lese nicht den ersten sondern bereits den zweiten Band; so viel Vorgeschichte bleibt unerzählt und wird nur stark zusammenfassend wiedergegeben. Weder wird die Spiegelwelt genauer erklärt noch Wesen wie die Goyl detailreicher eingeführt. So ist man als Leser plötzlich mittendrin in einer Geschichte, die man gar nicht richtig begreifen kann. Ich fühlte mich zunächst massiv überfordert und war sehr damit beschäftigt, mir erst einmal mühsam all das zusammen zu puzzeln, was Cornelia Funke hier an Hintergrundwissen, das man eigentlich gar nicht haben kann, voraussetzt.

Wie fand ich die Sprache?

Cornelia Funke erzählt fesselnd, spannend und sehr lebendig. Bisweilen waren mir die Beschreibungen aber zu wenig detailliert und oberflächlich. Fast wirkte ihr Sprachstil schon nüchtern auf mich, was sogar nicht zu einem Fantasy-Abenteuer-Roman passt. Cornelia Funke entwickelt eine Geschichte epischen Ausmaßes und zwingt diese dann auf nicht einmal 400 Seiten in der Printausgabe. Dies wirkt nicht nur hölzern, sondern ließ bei mir phasenweise das Gefühl aufkommen, nur die Zusammenfassung oder ein erstes Gerüst des eigentlichen Buches zu lesen. Schade!

Wie fand ich das Buch insgesamt?

Von “Reckless – Steinernes Fleisch” hatte ich definitiv mehr erwartet. Das Buch hat mich etwas enttäuscht.

An vielen Stellen galoppierte mir die Handlung zu schnell davon. Gefährliche Reisen über mehrere Tage mit einigen Hindernissen und Gefahren werden in wenigen Zeilen abgehandelt, wenn sie nichts zur eigentlichen Handlung beitragen. Für mich als Tolkien- und Tad Williams-Fan war das vollkommen unverständlich. Da entwickelt Cornelia Funke diese sehr fantasievolle Welt, gewährt ihren Lesern aber nur einen oberflächlichen Blick hinein. Richtig darin versinken konnte ich nicht.

Auch die Charaktere boten für mich wenig Identifikationspotenzial und blieben ausnahmslos unscharf und blass. Einige genaue Vorstellung konnte ich von keinem von ihnen entwickeln.
Dies ist nicht nur schade, sondern für die Handlung eine kleine Katastrophe. Will versteinert durch seine Goyl-Verletzung nämlich nicht nur physisch sondern auch psychisch. Er wird leicht reizbar und zunehmend emotionslos. Dies aber erlebt der Leser nicht selbst mit. Dadurch dass die Handlung erst an dem Punkt einsetzt, zudem Will bereits verletzt ist, lernt nicht seinen eigentlichen Charakter kennen. Die schleichende Wesensänderung ist dadurch nicht gut erfahrbar, sondern wird dem Leser etwas plump vermittelt, in dem sein Bruder Jacob und seine Freundin Clara ihn irgendwann einfach nicht mehr wieder erkennen können und meinen, er habe sich verändert.
Warum Cornelia Funke diesen Aufbau wählte, ist mir vollkommen schleierhaft. Geschickte Erzählkunst sieht anders aus.

Dies ist vor allem deshalb so schade, weil die Geschichte eigentlich Potential hat. Dies ist immer wieder zu erkennen. Dort, wo sich Cornelia Funke tatsächlich Zeit nimmt, etwas genauer zu beschreiben, wird es schnell lebhaft, spannend und sehr unterhaltsam. Dann aber hatte ich wieder das Gefühl, ganzer Abenteuer beraubt zu werden, weil Dinge in wenigen Sätzen erzählt werden, die ich gerne ausführliche nachgelesen hätte.

Nein, es ist mir nicht gelungen, vollkommen in der Spiegelwelt abzutauchen. Dies lässt Cornelia Funke leider nicht zu.

Nur gut, dass ich das eBook während einer Rabattakten günstig erstanden habe, die 15,99 €, die es jetzt wieder kostet, halte ich nämlich für unangebracht. Auf Teil 2 und 3 werde ich wohl verzichten, solange ich noch so viel vielsprechenderes auf der Wunschliste habe.


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Nr. 15: ... in dem mindestens 3 verschiedne fantastische Wesen vorkommen.

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1 Kommentare

  1. Hi Kerstin,
    Respekt, Du hast es durchgelesen. Ich hab das leider nicht geschafft, nach etwa einem Drittel habe ich aufgehört. Das Buch konnte mich null komma null fesseln. Leider. Ich habe keinen Zugang gefunden. Und da der SuB voll ist, hab ich am Ende lieber zu etwas Neuem gegriffen …

    Lieben Gruß
    Kati

    ps Ich finde die Idee mit “Aus dem Archiv” wirklich klasse – eine gute Idee auf ältere Beiträge aufmerksam zu machen, die ja besonders im Fall von Rezensionen nie an Aktualität verlieren.

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